Mehr od. weniger Politisches im Oktober

Dieses Jahr beging man ja weltweit Halbzeitbilanzen zu den MDGs, den Millenium Development Goals: den acht Entwicklungszielen, die bis 2015 zu erfüllen sind. Zambias vergleichsweise gutes Abschneiden verblüfft, weil es so sehr von der vor Ort erlebbaren Wirklichkeit abzusehen scheint. Natürlich lassen sich diese Erfolge auf dem Papier nur begrüßen. Und doch wachsen einem die Zweifel am Wert der Messung – besonders wenn die Zwischenbilanz dazu führt, dass Zambia gar als „Modell nachhaltiger Entwicklung“ gepriesen wird. Spätestens da verkehrt sich Gutgemeintes in eine Lüge.
Realismus tut not. Mag sein, dass Deutschlands offizielle Länderbenotung ausgesprochen schmeichelhaft für Zambia ausfällt, gemessen an den relativen Fortschritten bei den MDGs. Aber wir müssen die besonders schlechte Ausgangslage berücksichtigen sowie die ziemlich günstigen Rahmenbedingungen (keine Konflikte, enormer Ressourcenreichtum, gestiegene Weltmarktnachfrage für Rohmetalle etc.). Fast der halbe Staatshaushalt kommt nach wie vor von Drittländern nach Lusaka, und die Erfolge sind nicht nur arg relativ, sondern sehr punktuell und prekär. Malaria hat etwa viel mit Wetter und Klima zu tun; die gröbsten Ursachen der schrecklichen Kindersterblichkeit zu mindern gelingt einfacher, als danach ein einigermaßen passables Niveau zu halten, und – mit Verlaub – wie viel wenige schlimm sind 16 statt 18 % Infektionsrate in puncto HIV/Aids?
Natürlich: das ist ein Glück, aber „Erfolgsmodell“? Vorbild nachhaltiger Entwicklung klingt wie ein Hohn (zu schweigen davon, dass dieses Konzept hier überhaupt keinen Widerhall findet bisher), wo jede Vereinbarkeit mit dem Leitbild bloß Notlagen und blankem Mangel geschuldet ist statt Wahl, Entscheidung, Reflexion oder Präferenzbeeinflussungen). Die Wertung erinnert an den deutschen Kollegen, der hier die Armut lobt, weil sie die Umwelt schone. Zugleich schlägt er und seine Ehefrau jedoch vor, die Leute aus unserer artenreichen, dünn besiedelten Nordwestprovinz ganz zu entfernen, also umzusiedeln, damit sich die Natur noch besser erhalte. Tolle Entwicklungshilfe.
„Nachhaltigkeit“ bei einer Lebenserwartung von unter 40 Jahren! Was sind denn das für Vorstellungen. Kabwe gehört zu den am meisten von Schadstoffen belasteten Städten der ganzen Welt, der Copperbelt insgesamt hat erhebliche Umweltprobleme, und schon heute zählt das Land zu denen mit den meisten Toten und Verletzten im Strassenverkehr (obwohl noch fast keiner ein Auto hat). Genug für jetzt.

26.10-07
Typisch Solwezi: „Hey Bebe, like to watch my blast?“ – Schatz, willste meine Explosion anschauen?, macht der weiße Minenarbeiter eine Hübsche der Nacht an.
Harte Jungs, von denen manche auch schon mal vor „Shoprite“ , dem Supermarkt, mit gewaltigem Wassermaschinengewehr rumspielen.

25.10.07
Dr. Mwanawasa – der Staatschef wünscht seit seinem Amerikabesuch neulich als Doktor angeredet zu werden, hat ihm doch irgendeine Uni die Ehrendoktorwürde verliehen – beschwört, wo er steht und geht, die Größe Chinas. Und zwar nicht nur als großen Freund seines Volkes, sondern in jeder Hinsicht bester aller möglichen Welten. Zambias Zukunft heißt China, und je mehr Chinesen kommen, desto besser, wenn es nach ihm geht.

24.10.007
„Happy Independence!“
, wünschten sich die Leute einander schon in der Vornacht zum heutigen Independence Day. Leider widmet sich dem Gedenken der Friedenskämpfer eigentlich nur die politische Kaste. In der Hauptstadt soll es einen Gedenkmarsch geben etc. Hier kriegt man davon nichts mit. (Dabei könnte der Feiertag aktuell sein, wenn es um die Unabhängigkeit der Nation ging, wovon das Land de facto weit entfernt erscheint.)

Vergiss Darwin nicht.

genus |ˈjēnəs| |ˌdʒinəs| |ˌdʒiːnəs| |ˌdʒɛnəs|
noun ( pl. genera |ˈjenərə| |ˌdʒɛnərə| |ˌdʒɛn(ə)rə|or genuses) Biology
a grouping of organisms having common characteristics distinct from those of other such groupings. The genus is a principal taxonomic category that ranks above species and below family, and is denoted by a capitalized Latin name, e.g., Leo.
• (in philosophical and general use) a class of things that have common characteristics and that can be divided into subordinate kinds.
ORIGIN mid 16th cent.: from Latin, ‘birth, race, stock.’

19.10.07
Raussschmiss des PS, Permanent Secretary: Mwanawasa schickt seinen Provinz-Gesandten in Rente – vermutlich weil er ihm zu wenig China-freundlich vorkam. District Commissionar und Planer wurden schon ausgewechselt. Damit ist nun praktisch die gesamte Regionalregierung ausgetauscht, sowohl auf Provinz wie auf Distriktebene, was für die Geschicke Solwezis nicht eben hilfreich ist, wäre es doch eher auf Beständigkeit angwiesen bei all dem rasanten Wandel, der über die Stadt hereinbricht.

17.10.07, World Poverty Day
Sowohl UN als Regierung weigern sich, den durch CSPR organisierten Tag mit zu begehen. Passt er nicht in die Erfolgsstimmung des Präsidenten? Will man das Reden über Armut stoppen, um sie so „aus der Welt zu schaffen“? (Oder war das Ganze schlicht zu doof organisiert worden?)

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