Mein Sambisches Familienleben

Ersatzpapa, bereits den vierten Tag. Denn die reiselustige Mutter der Elfjährigen ist „mal eben“ zum Copperbelt gefahren. Gerade kam Samantha strahlend ans Fenster, zeigt mir den Schatz, den sie im Garten fand: ein wunderbares Zentimetermaßband! Zuerst nimmt sie Maß an ihrer Freundin Stella und sich selbst, dann wird jedes andre Ding neu vermessen.
Vorhin, beim Frühstück, war uns eingefallen, dass es Zeit sei die Möhren zu ernten. Sie bot an, die Feldarbeit zu erledigen und sagte beim Weggehen: „Bye-bye, you find me at the farm!“ Als sie später wieder vom kleinen Gartental hoch, zur Veranda, kehrt, balanciert die junge Bäuerin die Ernte in traditioneller Weise auf ihrem Kopf. Stolz trägt sie die Karotten in die Speisekammer.

Eher ungeplant eingegangen, entpuppt sich unser „Familienleben auf Probe“ als dauerhaft und gut für alle – so offen auch der Ausgang erscheint. Seit Mai lebe ich zusammen mit Erica, ihrer Tochter Samantha und Cousine Jane: Es ist eine Lebensimprovisation, vorerst vorläufig. Die Gelegenheit war günstig, es zu probieren. Und es entsprach einer Notwendigkeit, da sich meine Freundin die nächste Mieterhöhung nicht leisten konnte (nachdem sie damals, zu Beginn der letzten Regenzeit ihre damalige Bleibe verloren hatte, als der Sturm ihr Dach und Gebälk wegfegte).
Und schwer fiel mir das Zusammenleben selten bisher – zum Beispiel dann, wenn ich mir zu Hause ganz fremd vorkam vor lauter Sambiern: Da musste die Mutter meiner Freundin untergebracht werden, weil sie in der Stadt eine Baustelle hatte, da kreuzte ihr Bruder Prince auf, weil er nicht schon ins Internat zurückkehren mochte; schließlich besuchten uns noch diverse Gäste der extended family, mit Kind und Kegel. Oder wenn regelmäßig der mitgebrachte Sinn für Umweltschutz auf Unverständnis stösst. Ein guter Freund hatte vorher gewarnt, „deine Freundin samt Tochter und Kusine ziehen besser nicht zu dir, sondern woanders hin!“ Er ahnte Konflikte voraus, kannte er doch die unterschiedlichen Mentalitäten von Sambiern oder Europäern.
Mal sehen, wohin das führt.
(Stories to live for.)

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