Zambia-Konferenz der Gossner Mission

Mitte Februar, Wiesbaden

Eher abseitig und auswärts gelegen (Wiesbaden-Naurod ist nicht Wiesbaden), war das kirchliche Tagungs-Domizil nicht ganz leicht erreichbar, dafür jedoch von angenehmer Architektur sowie im Grünen.
Zwischen dreißig und vierzig TeilnehmerInnen fanden sich ein; etwa 8 Personen aus Zambia darunter, teilweise im Tross des Botschafters Godwin Kingsley Chinkuli angereist. Bedauerlich, dass die Tagungssprache  nicht Englisch war, was insgesamt eine bessere Ausgangsbasis geschaffen hätte.
Der Zambische Botschafter beeindruckte durch seine diskussionsfreudige Mitwirkung; er liess sich alles übersetzen (v.a. von seinem  hessischen Honorarkonsul Jorrit H. F. Plambeck) und lieferte mehrfach brillante Redebeiträge, Kommentare, sprühend von Witz und argumentativer Energie; er wirkte zuweilen eher wie ein Intellektueller den Politiker.

Erwartungsgemäß am meisten Beachtung fand der Vortrag über „Gründbedürfnisse in dörflichen und städtischen Gemeinden“ (Barbara Stehl, Gossner-Mission/United Church of Zambia; Paper liegt in engl. Version vor), eine kundige und sehr differenzierte Analyse. Als Bedürfnis Nr. Eins führte sie Ernährungssicherheit an, gefolgt von Wasser, Bildung, Arbeit, Gesundheit, Wohnen, Gleichstellung, … Sanitäre Einrichtungen. Interessante Beziehungen stellte Stehl in unterschiedlicher Weise zw. Informalität und Versorgungsqualitäten her: Auf der Problemseite steht zuerst der historische Umstand, dass zu Kolonialzeiten unzählige MigrantInnen in den urbanen Räumen gezwungenermaßen sich in informellen Siedlungen niederlassen mussten, sodass bis heute etwa 70% von Lusakas Bevölkerung in informellen Stadtsiedlungen von schlechter Infrastruktur und Versorgung wohnen.
Eine Erfolgsgeschichte eigener Art stellt die Entwicklung der informellen community schools in Zambia dar. Obwohl in diesen aus quasi kommunaler Initiative gegründeten Einrichtungen keine professionellen Lehrkräfte unterrichten, sehen die Lernerfolge signifikant besser aus als bei den staatlichen Schulen des Landes.
Insbes. im Zeichen der HIV-/Aids-Verbreitung verwies sie auf Erfordernis angemessen ausgewogener Ernährung. Generell problematisierte sie, dass seit 1996 ausschließlich die ländliche Gesundheitsversorgung kostenfrei gestellt worden ist, nicht jedoch die städtische.
Als offene Frage von Informalität blieb im Raum stehen, ob bzw. welche Informalitätspotenziale im Gesundheitsbereich vorhanden sein mögen – was keine kleine Bedeutung hat angesichts der folgenden katastrophalen Unterversorgung: Bei einer Einwohnerzahl von 12 Mio. arbeiten lediglich 600 Ärzte und 24 Apotheker in Zambia; während von den jährlich 40 Medizin-AbsolventInnen nur 24 im Lande bleiben.
Interessante Anknüpfungspunkte stellte Stehl heraus mit Blick zum einen zur „Vision 2030“ vom 16. Jan d.J., zum anderen zum aktuellen Haushalt, wie er am 9.2. verabschiedet worden ist.

Eine  interessante Präsentation (Monika Scheffler, KOSA) entwickelte für Zambia eine exemplarische Länderstudie in puncto Umsetzung der MDGs. Gewiss bietet diese Studie einige Angriffsfläche für Kontroverse und ist auch nicht hundertprozentig präzise, doch eröffnet sie eine ergiebige Zusammenschau der verschiedenen Themenstränge und jeweiliger Fort- od. Rückschrittsentwicklungen (www.millenium-entwicklungsziele.de).

Einigen Widerspruch rief Ulrike Bickel (Misereor) mit ihrem Referat über die Situation der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte in Zambia hervor. Das war weniger ihren instruktiven Ausführungen zur Genese dieser relativ neuen Menschenrechts-Ausformulierungen geschuldet, vielmehr bekam ihr Bericht – der im Wesentlichen auf zambische NGO-Studien (Schattenbericht) rekurrierte – eine einseitig, quasi besserwisserisch den Zambischen Staat (resp. Botschafter) angreifenden Ton, wodurch die Diskussion auf eine schiefe Ebene geriet, sofern hier einerseits wissenschaftliche und politische Ausführungen, andererseits Zitat und eigene Misereor-Thesen durcheinander gerieten und nicht wirklich ein kritischer Dialog im Programm vorgesehen war. Ein spannend Abschlussfrage war, inwiefern in die neue Landesverfassung tatsächlich verstärkt WSK-Menschenrechte Eingang finden.

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