Geschichtsstunde und „Independence Party“ in Berlin

Nach einem guten halben Jahr in Lusaka endet mein Einsatz. Passend zur Rückreise, hat die German Zambian Friendship Association zur Feier des heutigen Independence Day nach Berlin eingeladen.
Gemeinsam mit Sambiern aus ganz Deutschland erleben wir eine wunderbare „Independence Party“, Geburtstagsfeier der Nation. Sie näherte sich kurz vor Mitternacht damit dem Höhepunkt, dass wir die sambische Nationalhymne singen und dem Botschafter eine Geburtstagstorte überreicht wird – denn sinniger Weise ist es auch sein Geburtstag. Dann wird zu alter und neuer sambischer (Pop-) Musik genau so schwerelos schwungvoll und lebhaft getanzt, wie man es aus Lusaka kennt.

Vorausgegangen war der Party jedoch eine ernsthafter „Informations- und Bildungstag“. Unvergesslich wird hiervon die Geschichtsstunde mit der Schriftstellerin Ruth Weiss bleiben. Frau Weiss, bekannt vor allem als hochgeschätzte und geehrte Zeitzeugin zum deutschen Nationalsozialismus, hat nicht nur viele Lebensjahre in Südafrika verbracht, wohin sie vor den Nazis fliehen musste, sondern arbeitete als Journalistin auch für längere Zeit in Sambia, noch bevor es statt Sambia Nordrhodesien hieß: Sie kannte und kennt (soweit sie noch leben) praktisch alle schwarzen Widerstands- und Unabhängigkeitskämpfer des südlichen Afrikas. Sie erlebte einschneidende Augenblicke der schwarzen Befeiungsbewegung mit, etwa den Tag, als sich in Sambia die UNIP-Partei des Kenneth Kaunda (K.K.) vom ANC abspaltete. Sie zog mit den damaligen Anführern durch townships und den Busch, um ihren Wahlkampf zu begleiten und zu unterstützten.
Eindringlich erzählt Ruth Weiss – entgegen dem Bild vom allzeit friedlichen Sambia -, wie sehr auch dort der heutigen Unabhängigkeit ein wirklicher Kampf vorausging, beispielsweise in den gewaltsamen Cha-Cha-Cha-Tagen.
Später berichtete die Wirtschaftsjournalistin Weiss ein weiteres Mal aus Lusaka; sowohl für die Times of Zambia als auch die Londoner Financial Times („I had my foot in both camps“). Kritisch kommentiert sie die damalige Verstaatlichung der Bergwerke durch die erste schwarze Regierung („K.K. should have waited a bit“). Ob sie ihm das so persönlich gesagt haben mag, als sie ihm 2009 am Unabhängigkeitstag wieder begegnete? Hoffen wir, dass Frau Weiss auch ihre reichen Sambiaerinnerungen noch zu Papier bringen und veröffentlichen wird.

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