Visionen, Ernüchterung, Wiedersehens- freude: 2. Nordwest-Provinz-Rundfahrt

Hatte zu Beginn, August 2007, eine erste „Districts Tour“ praktisch den Auftakt unserer Beratungszusammenarbeit mit der CSPR-Gruppe in Solwezi gebildet, so wollten wir ebenfalls zum Ausklang eine Tour durch die Nordwestprovinz durchführen. Mit dieser zweiten Rundfahrt verfolgten wir recht ehrgeizige Ziele: sie sollte ein Kooperationsprojekt zweier NGO-Netzwerke werden und auch ein Medienvertreter sollte das Tourteam begleiten, um die Aussenwirkung zu steigern.
Crossing the Zambezi from the West Bank


Gesagt, getan. Dank einer Finanzbeteiligung von NGOCC (Nongovernmental Organizations Coordinating Committee), der mitreisenden Mitgliedsorganisation, sowie dank flexibler GoGo-Programmverwaltung (GTZ) liess sich ein ausreichendes Budget für die Unternehmung auftreiben. Auch der Journalist Dean war sofort bereit, ohne große Aufwandsentschädigung (die berüchtigten allowances) mitzukommen.
Wieder touren wir in der Reihenfolge: Mwinilunga – Kabompo – Zambezi – Chavuma – Mufumbe – Kasempa – Solwezi. Erneut treffen wir Verwaltungs-, Regierungs- wie NGO-VertreterInnen, besuchen communities und Sehenswürdigkeiten. Wieder bewundern wir die mächtigen Flussläufe von Zambezi und Kabompo, die herrliche Hügellandschaft, freundlichen Menschen im Bergland südliche von Mwinilunga. Planschen gar am Flussstrand von Chavuma.
Doch arbeiten wir diesmal effizienter; mit Fragebögen, im Interview-„Doppel“ oder gar Trio: es interviewen nach (nun ja, teils neben-) einander: CSPR (Vorsitzender John Lijimu), Koordinatorin Kyapa, Mrs Emelda Banda (NGOCC) sowie Dean („Daily Mail“). Das Produktive lag besonders darin, dass alle InterviewerInnen unterschiedliche Perspektiven mitbrachten: der Journalist fragte anders als die Gender-Netzwerkvertreterin, die sozioökonomischen und politischen Fragen von CSPR waren wieder andere.
Eher technische Fachthemen (CEEF, APRM, DDCC, FNDP) blieben nicht das Einzige. Es ging um ganz konkrete Dinge: Arzneimittelknappheit, Grenzprobleme (Angolagrenze), Verhandlungen mit Investoren. Ja, es bestätigte sich ein weiteres Mal, dass Entscheidendes im Nordwesten erst noch bevor steht: Öl- und Gasförderung bahnen sich an, neue Kupferminen kommen , doch langsam scheint endlich auch der grenzüberschreitende Handel (Kongo, Angola) in Gang zu kommen.
Die langen Fahrstunden über suchen wir Abwechslung durch Musikkassetten (zu wenige) oder unterhalten uns. Zum Beispiel so: Einer beginnt von seinen Visionen zu sprechen; Von Visionen erzählt man in Sambia selbstverständlicher als in Deutschland. Als ich dann von Altkanzler Helmut Schmidts Bonmot berichtete, dass jemand mit Visionen besser zum Arzt gehe, ist das Gelächter laut. „Visions“ wird zum running gag und Leitmotiv unserer Reise; immer wieder erwähnt eine oder einer unterwegs, unvermittelt neueste Visionen, die ihm oder ihr gerade erscheinen; Dean unterscheidet bald „night visions“ von sonstigen.
Staunen lässt uns nicht nur einmal, wie tollkühn sich die Staatssicherheit („Office of the President, Special Division“) in vielen Distrikten die fettesten Immobilien leisten kann. Das kann dann schon ernüchtern: zu sehen, wohin der Staat seine Mittel fließen lässt und wohin nicht (leere Hospitäler). In Kasempa schließlich klagt selbst der Verwaltungschef (District Commissioner) über das Ausmaß von Staatschutz; bald vierzig „security boys“ in seinem sehr ländlichen Bezirk von bloß einigen Zigtausend Einwohnern – das mache ihm das Leben schwer. Und, in der Tat, die beschatten einen Tag und Nacht. Erzählen Unsinn, sprechen einen unter irgendwelchem Vorwand überall an.
Unterschätzt hatte ich den Mehraufwand als Fahrer. Denn dadurch dass wir diesmal zu fünft (statt zu dritt) reisten, kam es regelmäßig zu Extratouren, weil die Eine oder der Andere Familienmitglieder, Freunde, Bekannte besuchen musste. Das will dann erstmal koordiniert sein – und zwar nach sowieso schon manchmal acht Autostunden ohne Asphalt.
Dennoch, es waren wieder großartige Tourtage. Und die intensive Berichterstattung sicherte Resonanz über das Reiseende hinaus.
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CSPR representatives listening to Kabompo Environmental Group

Chief Nyakaseya with a female student at his palace during discussion with NGOCC

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