30.5.07

„Busch“ ist im Nordwestern eigentlich Wald.

Je weiter du gen Westen fährst, um so dichter, größer werden die Wälder. Doch schon Solwezis Umland hat eindrucksvoll viele, auch teils hohe Bäume: Besonders erhaben sehen die Baumsolitäre aus, die auf gewaltigen Termitenhügeln in die Höhe ragen.

Jogge vorhin durch den Wald, vorbei an winzigen Lehmhütten, zum „National Monument“ – prähistorischen Höhlenmalereien, direkt an den Steilhängen eines reißenden Flusses – höre außer Gewässerrauschen bald nur noch ab und an exotische Vögelrufe und Grillen; plötzlich grüßt mich ein aus hohem Schilf heraus – stellt sein Radio leise, um mir zu erklären, dass er uns doch Montag im Napsagebäude besucht habe, um Mitglied zu werden. Wir werden uns also nächste Woche wieder sehen. – Diese Stadt hat trotz ihrer Expansionskräfte doch häufig etwas sehr Kleinstädtisches. Anonym bleiben geht gar nicht.

Nachts „Berlin Babylon“, Doku über die Großbaustelle Berlin der 90er Jahre, zum ersten Mal gesehen. Im Jahre 007 sowieso spaßig anzugucken, die Stimmung und Stadtbaulandschaft von damals, erst recht zusammen mit Rose aus Solwezi, die erstaunt ist über den Rang von ARCHITEKTEN bei uns – als ob 90 Prozent der Hauptstadt aus dieser Spezies besteht. (Rose, die glückliche Büronachbarin vom Statistik-Office, hat diesen Montag vom Ministerium erfahren: Sie wird Nordwesterns einzige Staatsbedienstete, die für die nächsten Jahre ein Stipendium bekommt, um in Lusaka Informatik studieren zu können.)

29.5.07

Letztmals bergeweise Elefantengras für Gartenzaun per Pickup geholt – draußen, vom freien Chiefs-Land, inmitten des Hochplateaus, unweit der ausgetrockneten Seesenke Richtung Milunga.

Bürokratischer Fortschritt: Zwar nach wie vor kein „Go ahead“ für Büroumzug in Sicht (brauchen mehr Platz), aber wir haben ein eigenes Postfach (B.O. Box)! Was nicht egal ist, in einem Land ohne Postboten oder Briefträger…

Mit CSPR-Arbeitsgruppe geplante Budget-Analyse diskutiert. Leider ist Zambias diesjähriges „Activity Based Budget“ – im Gegensatz zu 2006 – überhaupt nicht detailliert untergliedert, sodass wir beschließen, als Nächstes weitere Einzelheiten zu den in der Provinz beabsichtigen Ausgaben in Erfahrung zu bringen, bevor wir die Analyse vorbereiten.

Sundowner einmal wieder beim „Royal Solwezi“, wo sich die meisten Weissen (von den Minen) treffen, samt Pool Billard, unterbrochen von schrecklichem Insektenvernichter-Nebeleinsatz; diesmal zwar angeblich kein DDT, aber unangenehm genug – vom fahrenden Minenfahrzeug aus, das rund ums Hotelareal kreist. So ein Schwachsinn.

28.5.07

Echter Bürotag. Besucher geben sich heute die Klinke in die Hand, um bei uns zu erfahren, ob oder wie sie Mitglied bei CSPR werden können. Vielleicht eine Folge der Vollversammlung von Freitag?

Der Napsa-Gebäudemanager will immer noch nichts Verbindliches sagen, obwohl wir seit Wochen ein zweites Zimmer im Bürokomplex beantragt haben. Bestechung verstößt natürlich gegen unsere Grundsätze – hoffentlich geht das demnächst auch ohne!

Ganzen Nachmittag berät eine Arbeitsgruppe über das Projekt des „Mining Activities Mini Assessment“. Vergleichbares hat noch keine einzige NGO außerhalb Cooperbelt, geschweige denn im Nordwesten unternommen. Ist also nicht ohne. Kleiner Erfolg: Die field trips zur Datenerhebung (v.a. Interviews) werden erst Ende Juni stattfinden – was Luft zur Vorbereitung verschafft, und das dritte, größte, doch noch gar nicht richtig aktive Minengebiet Lumwana wird aus Analyse ausgeklammert. So müsste sich das Projekt denn tatsächlich in den Griff bekommen lassen.

 

27.5.07

Jogger ernten Lachen, sie kommen vielen Leuten vor ihren Hütten, am Stadtrand, offenbar exotisch wie aliens vor. Denke im Weiterlaufen, dass ich so jedenfalls für Heiterkeit sorgen werde, wenn immer ich herum renne. (Nur ein Mädchen mit ihren Geschwistern verlässt erschrocken den Weg, als sie mich entgegen rennen sieht.) Manch einer fragt zur Vergewisserung, ob alles in Ordnung ist: „Keeping fit, right?“

Treffen mit Korrespondenten des „Mining Mirror“ stellt sich als sehr ergiebig heraus. Wir tauschen uns über die einschneidenden Auswirkungen der Minen im Nordwesten aus. Er zeigt sich unerwartet interessiert am CSPR-Projekt eines mining assessment. Seine Hilfsbereitschaft geht so weit, dass wir zu ihm nach Hause fahren, wo er mir mehrere Evaluationspapiere der Minen übergibt. Freue mich, nach Chris von „The Post“ nun schon wieder einen solch aufgeschlossenen engagierten Journalisten kennen zu lernen.

26.5.07

Angekommen.

Genieße die Wochenendruhe auf meiner Veranda. Pfingsten feiern die Zambier zwar nicht, doch ist es wundersam genug, wo ich hier gelandet bin. In Augenhöhe, linker Hand, spielen Kinder vor ihrem blau- und rot-weißen Schulgebäude; unten, im Tal glitzert das Wasser des Solweziflußes; das ganze Tal ist ungemein üppig grün und fruchtbar – so reich an Quellwasser sogar jetzt noch. Selbst ein Gutteil des Gartens gleicht einem Feuchtgebiet, und wenn man bloß ein paar Sparten tief gräbt, steigt dort sogleich Grundwasser empor. Von rechts schaut ein Gärtner vom Orangenbaum-Grund des naesten Nachbarn herüber: Das Haus zieht durch seine exponierte Lage leicht die Blicke auf sich, außerdem stand es zuletzt eine Weile leer, sodass natürlich von allen Seiten neugierig beguckt wird, wer da eingezogen ist. Irgendwoher tönt Kirchenmusik (typischer UCZ-Gesang & Elektro-Orgel der United Church of Zambia); Grillen zirpen; gelbe und weiße Schmetterlinge fliegen zwischen den Obstbäumen umher; eine Windbriese bewegt sanft die Bananenstauden; am Himmel ziehen träge Schäfchenwolken vorüber.

Angefangen hatte dieser Samstag dabei wenig beschaulich: Weil nachts die Hausschlüssel geklaut worden waren – an eher verruchtem Orte („Akbar“) vermutlich ohne bestimmte Absicht, als jemand die Kwatschascheine aus der Hosentasche zog -, nachts um vier Uhr Ersatzschlüssel beim Kollegen abgeholt, übers Gatter geklettert und dann gezwungenermaßen früh schon wieder raus, um die bereits wartenden Gärtner zum Grasschneiden zu fahren (sie bestücken den neuen Zaun gerade mit frischem Elefantengras – genauso schön wie Schilf).

Am Abend zwei erste – reizende Ãœberraschungs- – Gäste zu Besuch –, endlich weihen wir die Hausbar ein. „Sounds of Zambia“, danach Salif Keitas Lieder hallen durch die noch leeren Räume.

21. & 25.5.07

Gegenseitige Erwartungen sind hoch. Zuerst ist das eine Woche nach Ankunft auf der Vorstandssitzung zu merken, sodann am Africa Freedom Day, bei der ersten Mitgliedervollversammlung des Jahres, wo der neue „ded-Advisor Andrew“ („Andreas“ spricht sich zambisch recht schwierig) sich ebenfalls vorzustellen hat. Endlich sehe ich nach vier Monaten Vorlauf die Menschen, mit denen ich hier zusammen arbeiten werde.

Versuche, gewohnte Maßstäbe aus Europa pausieren zu lassen, was mir jedoch nur teilweise gelingt. Aber irgendwie scheinen alle mit den Sitzungen ganz zufrieden zu sein. Soweit, so gut.

 

17. – 20.5.07

Handwerker gehen ein und aus, ist zurzeit ein eigener Job, diese Dinge „zu Hause“ zu organisieren. Im Büro allmähliches Kennenlernen der verschiedenen Mitglieder.

 

15./16.5.07

Erneut die 600-Kilometer-Strecke zw. „Einsatzort“ und LSK zurückgelegt, um zweite Ausrüstungshälfte zu holen. Mitten im Copperbelt fragt mich ein Polizist an einem der vielen Checkpoints, die Autos entlang der Fernstraßen zu passieren haben, warum ich denn nun schon wieder zwischen Hauptstadt und Solwezi hin und her fahre. Ich bin bestürzt, wie in dieser 11-Millionen-Nation jede einzelne Fahrt durchs Land registriert wird. Der Verkehrspolizist sagt mir sogar die genauen Uhrzeiten, wann ich jeweils vorbei kam.

Durch angenehmen Zufall bin ich in Lusaka bei der Farewellparty für eine Kollegin dabei.  „Wir DEDler“ und die Gossnerleute singen gar ein selbst gedichtetes Abschiedslied für die Heimkehrerin. Alles sehr rührend und herzergreifend.

14.5.07

ERSTER SOLWEZI-TAG – von 717 Tagen insgesamt lt. Arbeitsvertrag. Vor dem Napsa-Haus, dem wichtigsten Bürogebäude der Stadt, stehen, besonders montags, zahlreiche Männer jeden Alters, um auf Jobs zu warten, da dort auch das Labor Office zu finden ist. So ist es kinderleicht, Helfer für den Büroeinzug zu engagieren (einen kann ich sogar als ständigen Nachtwächter gewinnen). Alles muss im Büro sehr vorläufig bleiben, solange ein zweites Zimmer fehlt. Außerdem funktionierten freilich weder Telefon, Fax noch Internet.

Schau mich später am eigenen Haus um, es sieht höchst einladend aus. Bin aber zuerst bei Kollegen untergekommen, weil ein paar Kleinigkeiten zu erledigen bleiben.

 

11./12./13.5.07

Zurück aus Sivonga zur Übergabe von GTZ-Projektausstattung sowie Dienstfahrzeug, etliche Kisten, Kartons mit Material, inkl. netter Give-aways. Außerdem Einweisung in unvermeidliche Verwaltungsformalitäten. Nun kann die Fahrt losgehen.

Letzter Tag und Abend in LSK. Großeinkauf bei „Game“: Komplette Küchenausstattung, Mountainbike etc. Am Ende gibt`s Mengenrabatt, und versehentlich liefert Großmarkt auch noch einen Kühlschrank zu viel aus (werden wir wohl weiterschenken).

Beim Bob Marley Revivalfestival herrscht ein gewaltiger Andrang von Reggaefans – teils in fantastischen Kostümen. Trotz Überfüllung kämpfen wir um Einlass. Das geht dann nur noch „informell“ gemeinsam mit andren Fans durch Hintereingang vom Botanischen Garten aus. Wieder einmal verwundert über exorbitanten Biergenuss unter den Feiernden. Trinkfreude führt dazu, dass – von allen Seiten zugetextet – es schwer wird, noch die Rastas vorn zu hören. Diese Art Anteilnahme gegenüber weißen Fremden lässt einen unmöglich kalt. Nach Mitternacht jedoch kann kein Mensch mehr dem Rhythmus widerstehen, die Rastas und alle Mitfeiernden sind überwältigt von sich selbst.

Sonntag fahre ich in einem Zuge bis final destination durch, ohne jegliche Unterbrechung oder Rast, sodass ich exakt zu Einbruch der Dunkelheit eintreffe.

7. – 10.5.07

Vollversammlung des DEDs am Kariba-Stausee, Siavonga, ganz im Süden, Tagungshotel „Kariba Inn“, das auch im TUI-Katalog vorkommen könnte. Anfahrt gleich mit Panne: Achsbruch bei einem gar nicht alten Geländewagen, knapp ohne größere Schäden. Aber Reparatur sofern ab vom Schuss nicht so einfach; da geht nichts ohne Improvisation, was ein paar dienstältere ziemlich gut drauf haben.

Dann jedoch eine Art kombinierter Betriebsausflug mit Politik und Protokoll. Hervorragende Gelegenheit, alle KollegInnen und Projekte im Land kennen zu lernen. Schön, dass auch kontroverse Diskussionen willkommen sind – die zwei Neuen, Gerald u. ich, sorgen nach Kräften dafür.

 

6.5.07

Wegen Durchfall meist flach gelegen. Höhepunkt des Sonntages: Barbecue im ded-Kreise beim Koordinator FD.

Kofferpacken schließlich nicht nur für Vollversammlung, sondern auch schon für Umzug nach Solwezi am nächsten Weekend.

 

5.5.07

Zambias angesagten Popstars geben sich ein Stelldichein im Poloclub – zu Ehren von Hamoobas CD-Releasparty: J.K., Amayenge Band, Danny, Rough Kid, Alice Chuma, C.Q, Leo Muntu u.a.

Danny, oft Danny Superstar genannt, muss der im Radio meistgespielte sein, er tourt seit Wochen durchs ganze (!) Land, um seine CD zu promoten. Mir gefällt am besten Sängerin Alice Chuma – die dürfte auch in Europa ziemlich gut ankommen mit ihrer geglückten Fusion von traditionellem Liedgut und zeitgenössischem Arrangement; dazu mit starker Bühnenpräsenz und Charme.

Dass sie wie manch andere kaum Applaus erntet, verwundert mich genauso anfangs wie das ungewohnte timing der ganzen function (so heißen hier die Events): Ohne jegliche Unterbrechung, ohne Steigerunge oder Dramaturgie, praktisch die ganze Nacht dahin fließend. Beklatscht werden vielmehr die Hueften-schwingende tänzelenden Sänger und spärlich kostümierte Tänzerinnen oder back vocals.

 

4.5.07

Erstes GoGo-Treffen im GTZ-Quartier. „GoGo“ steht für „Good Governance“ und meint das deutsch-sambische Kooperationsprogramm „Democratisation, State and Civil Society“. Neben Programmleiter Nuding mit Team sind ded-Koordinator, die drei ded-BeraterInnen (Süd-, West- & Nordwestprovinz) dabei, außerdem ein InWent-Vertreter  („InWent“ = ehemals Carl Duisburg Gesellschaft u.a.), der dies Jahr mit uns ein Training für Counterpart durchführen will. Professionell pragmatisch steht nach 30 Min. fest, dass im Okt. eine Konferenz sowohl mit Regierungs- wie auch zivilgesellschaftlichen TeilnehmerInnen stattfinden soll: Stärkung gesellschaftlicher Partizipation in institutionalisierten Strukturen auf subnationaler Ebene das – soweit, zugegebenermaßen, etwas abstrakte – Thema.

Für Wirbel sorgt bevor stehender Führungswechsel bei Kooperationspartnerin CSPR: Vor allem baldiger Weggang der Direktorin Bessy wird Einschnitt bedeuten. Das war gerade am Vortag zu spüren, als sie im Rahmen eines Orientierungskurses für alle neuen PCs (Provincial Coordinators) sowie Vorsitzende der Provinz-Büros einen energiegeladenen Input zu Geschichte und Perspektive der Netzwerkarbeit beisteuerte.

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