„Body Viewing“

Früh am Morgen macht sich halb Solwezi auf den Weg zum „Body Viewing“ – am Flughafen soll bis mittags der Mwanwasa-Leichnam zu sehen sein. Tausende Menschen säumen ab 6 Uhr die Zubringerstrasse, man darf sich dem kleinen Provinzflughafen nur noch zu Fuss nähern; Gehbehinderte, Kinder und Alte haben Pech.
Als wir jedoch in der Warteschlange erkennen, kaum jemals eine Aussicht zu haben, an der noch kilometerweit entfernten Trauerprozession teilzunehmen, erweist sich das „Pech“ als mildernder Umstand: Weil die fußkranke deutsche Kollegin nicht länger als eine Stunde Schlange stehen kann, dürfen wir den Schauplatz vorzeitig verlassen und können einigermaßen guten Gewissens zum Büro zurückfahren.
Es fiele allzu leicht, sich lustig zu machen über das Gebaren de Sambier. Nach sechs schleichenden Wochen des Stillstands, während des Ablebens Mwanawasas, wurden nun fast drei weitere Wochen zur Staatstrauerzeit erklärt. Natürlich wäre das undenkbar in Europa heute. Gäbe unsere Trauerkultur nicht her.
Aber auch in Sambia gab es solch eine nationale Trauer vorher nie. Die beiden Vorgänger-Präsidenten weilen ja nach wie vor unter den Lebenden; KK, also Dr. Kenneth Kaunda verehrt und präsent wie eh und je.
Trotzdem fällt dem Ausländer der Gegensatz auf zu den üblicherweise eher bescheiden begangenen Trauerfeierlichkeiten bei Todesfällen. Sterben scheint alltäglich. Vielleicht erfüllt diese gigantische Staatstrauer in Sambia auch einen kompensatorischen Zweck, entlastet die Leute von Abschiedsschmerzen, die sie gemeinhin bei den geradezu unzähligen Sterbefällen im Familienkreis, unter Freunden oder Kollegen so nicht ausleben können?

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